In der Waage gewogen

In jener Nacht, als der König Belsazar in seiner Schwelgerei mit den Großen seines Landes an der Tafel saß, verlangte er im Übermut, die goldenen Gefäße, welche aus dem Tempel zu Jerusalem geraubt waren, herzubringen, um daraus zu trinken. Aber siehe, mitten im Gelage erschien eine Hand an der Wand und schrieb ihm unbekannte Worte. Die Worte lauteten: "Mene, Mene, Tekel, U-pharsin." 


Er ließ alle Weisen seines Reiches zusammenrufen, aber keiner konnte ihm die Schrift deuten. Zuletzt hörte er von Daniel, welcher vor ihn gebracht wurde und die Schrift auslegte. Mit ernster Stimme sagte er: "Man hat dich in einer Waage gewogen und zu leicht erfunden." Des Königs Knie zitterten. Warum? Das Gewissen schlug und strafte ihn: Ein furchtbares Schuldgefühl verdammte ihn. Noch in derselben Nacht wurde sein Reich eingenommen und er fand seinen Tod. Ja er war in der Waage gewogen und zu leicht erfunden. Er fand nicht nur seinen Tod, sondern auch seine Seele ging ins ewige Verderben. O liebe Seele, wie steht es mit dir, wenn diese mysteriöse Hand an der Wand deiner Seele erscheint und jene Worte schreibt: "In der Waage gewogen und zu leicht erfunden"?

 

Quelle: Veröffentlicht in der Evangeliums Posaune März 1913